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Titel

Im Westen viel Neues

- Mit dem Mountainbike unterwegs in den Westalpen -
von Eckart Heinrich

Inhalt:


Die Vorbereitungen

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"Hallo, hier spricht Dörte Tebben von SWR1. Spreche ich mit Eckart Heinrich, der die Internetseite 'Bikeabenteuer.de' betreibt?" "Ja, der bin ich." "Wir machen am Montag Abend eine Radiosendung über die Alpen. Kennst Du die Sendung 'SWR1-Der Abend'?" "Leider nein, aber ich bin ein großer SWR3 Fan. Den Sender höre ich täglich." "Ja das sind die Kollegen. Unsere Sendung will verschiedene Aspekte der Alpen beleuchten. Die Entstehung, den Tourismus und moderne Alpenüberquerer." "Und wie kommst Du da auf mich?" "Bei der Recherche für die Sendung sind wir auf Deine Homepage gestoßen und ich fand Deine Geschichten so interessant, daß ich Dich fragen wollte, ob wir für den Montag ein Interview machen können?" "Ein Interview? Mit mir? Na klar! Halt, es gibt da ein Problem. Ich bin gerade dabei meinen Rucksack zu packen. Am Sonntag starten wir zu einem neuen Bikeabenteuer. Wir wollen fünf Tage durch die Westalpen fahren. Am Montag bin ich also irgendwo unterwegs." "Das ist ja großartig, da machen wir doch gleich so eine Art Livebericht. Du rufst mich am Montag zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr an. Am besten sagst Du mir dann eine Telefonnummer von einem Festnetzanschluß durch. Handys klingen im Radio nicht so gut. Ich rufe Dich dann zurück und wir machen das Interview. So kannst Du uns gleich Deine aktuellen Erlebnisse schildern." "Ja, da bin ich doch dabei. Liveberichterstattung von einer Alpentour, das ist doch mal was. Abgemacht!" "Alles klar, dann höre ich am Montag nachmittag von Dir." "Ja, ich melde mich. Ich kann Dir zwar nicht genau sagen wann, aber ich versuche es auf jeden Fall zwischen 15.00 und 18.00 Uhr." "Alles klar, Tschüüß!"

Ein Liveinterview im Radio. Sauber! Jetzt merke ich erst, wie aufgeregt ich bin. Jetzt habe ich eine ewige Zeit mit der Radio-Frau gesprochen und war überhaupt nicht nervös. Hoffentlich ist das dann am Montag auch so.
Jetzt aber weiter Rucksack packen. Am Sonntag wollen wir schon um vier Uhr los. Diesmal ist die Anreise schon fast eine Tagestour. Susa ist unser Ziel. Das liegt ca. 40 Kilometer westlich von Turin. Das ist zwar von uns "nur" 550 km entfernt, es ist aber trotzdem eine kleine Himmelfahrt. Landstraße bis Lindau, dann durch Bregenz, der San Bernardino ist flächendeckend Radarüberwacht. Wir schätzen schon mit sechs Stunden Fahrt. Auf jeden Fall müssen wir dann noch eine Tour mit 2000 Höhenmetern bewältigen. Am ersten Tag gibt es keine Möglichkeit die Tour zu verkürzen. Wir können sie nur erweitern, falls wir doch schneller dort sein sollten.

Mehrere Jahre sammle ich jetzt schon Informationen über die Westalpen. Leider hat das Material nie für eine große Runde gereicht. Immer wieder waren die Lücken zu groß. Dann endlich ein Bericht in der "Mountain Bike" [ 1 ]. Eine Sechs-Tages-Runde. Bei unseren Frauen konnten wir fünf Tage rausschinden. Also werden wir die Tour etwas variieren müssen. Das wird aber sicher kein großes Problem sein.

Bei uns ist das Wetter nicht so toll. Ich habe mich in den letzten Tagen durch verschiedene Wetterseiten im Internet gewühlt. Ich kann es mir gerade aussuchen. Der eine Wetterbericht sagt es wird gut, der andere wieder es wird schlecht. Wir werden uns überraschen lassen. Ich denke, das Wetter wird deutlich besser sein, als es hier im Allgäu ist. Viel schlechter geht es im Moment nämlich nicht.

Der Rucksack ist gepackt. Dank meiner Packliste war das auch keine echte Schwierigkeit. Diesmal kommt auf jeden Fall die "Kälteausrüstung" mit. Die Tour wird uns bis auf 3000m führen und ich denke, dort wird es - auch bei schönem Wetter - bitterkalt sein. Immerhin ist es schon September. Unser Lieblingsbiketourenmonat. Die beständigen klaren Herbsttage haben uns noch nie enttäuscht.


Irrfahrt nach Susa

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Der Wecker geht um vier. Ich kämpfe mich aus dem Bett. Verdammt früh. Während ich die Kaffemaschine fülle, sehe ich wie es draußen heftig kübelt. "Na toll. Da werde ich wohl patsch naß sein, bis ich das Rad auf dem Dach habe", sage ich zu mir selber. So ist es dann auch. Das Frühstücksmüsli stopfe ich im Halbschlaf in mich hinein und als ich das Rad endlich auf dem Autodach habe, bin ich patschnaß.
Ab geht die Post. Ich hole Adi ab und die Fahrt geht los. Lindau, Bregenz, San Bernadino. Als wir aus dem Tunnel kommen geschieht das, was wir beide still gehofft hatten aber nicht auszusprechen wagten. Die Sonne scheint. Der Bernadino hat seinen Ruf als Wetterscheide halt doch zu Recht. Blauer Himmel strahlt uns entgegen. So muß das sein.
Weiter geht die Fahrt über Mailand nach Turin. Hier stellen wir uns etwas dumm an und landen mitten in der Stadt. Wir können mit den angegebenen Richtungen nichts anfangen. Susa ist auf keinem Schild zu entdecken. Ich hätte für die Fahrt doch etwas genaueres als meinen Globus mitnehmen sollen. Ich hatte es für einfacher gehalten. Schließlich ist Susa nur 40 km von Turin entfernt. Aber in welcher Richtung? An einer Tankstelle bekommen wir den richtigen Tipp. "Frejus" ist die Richtung an die wir uns halten müssen. Nun kann uns nichts mehr aufhalten. Susa, wir kommen.

Gegen 11.30 Uhr sind wir schließlich endlich in Susa. Wir haben deutlich länger gebraucht, als wir gedacht haben. Jetzt aber los. Die Räder haben die Fahrt gut überstanden. Der Dachträger schaut aber etwas verzogen aus. Ich habe ihn scheinbar etwas verhalten befestigt. Ich bin gespannt, wie sich mein neues Rad machen wird. Ich habe mich nach sieben Jahren mit meinem Ultra-Hardtail doch mal zu einem neuen Rad durchringen können. Ein "Steppenwolf Thundra FS". Ich bin gespannt, ob es meine hohen Erwartungen erfüllen kann. Ich habe so viele Räder ausprobiert und keines hatte mir so richtig zugesagt. Am Ende viel die Wahl eben auf das "Thundra FS". Nun kann es zeigen was es drauf hat. Genug Gelegenheit zur Bewährung wird es sicher geben!
Nach einer halben Stunde haben wir alles klar. Die Räder und wir sind startklar, die Klamotten verstaut. Wir schießen noch ein Startfoto und versuchen uns die Gegend einzuprägen. Wir wollen das Auto ja schließlich wiederfinden.

In Susa (500m) findet gerade ein Umzug statt. Schaut aus wie eine Demo von Asiaten. Wir werden nicht recht schlau daraus und fahren weiter. Irgendwo muß bald der Abzweig kommen. Wir wollen weg von der Hauptstraße. Endlich in die Prärie. Die viel zu lange Autofahrt hat uns beide genervt. Der Abstecher nach Turin hat die Laune auch nicht verbessert. Jetzt kehrt aber langsam Ruhe ein. Kein Autolärm mehr, die Luft wird besser. Langsam rollen wir dahin. Ich sinne über die Etappe, die wir heute noch vor uns haben. 2000 Höhenmeter sind es zu der Hütte, auf der wir übernachten wollen. Eine Abkürzung gibt es nicht. Es gibt nur die Möglichkeit noch einen Abstecher einzubauen. Der bedeutet aber 400 Höhenmeter mehr. Ich halte ihn für sehr theoretisch. Inzwischen ist es schon nach zwölf Uhr.
Wir sind uns aber auch beide sicher, daß die Etappe kein Problem wird. Der größte Teil ist geteert. Es ist eine kleine vergessene Straße, die uns hinauf bringen wird auf den Sattel. Hinauf zum Col de Mont Cenis. (2100m) Dann werden wir auf eine Militärpiste kommen. Die hat dann aber nicht mehr viel Steigung zu bieten. Mir kommt eine Etappe unserer letzten Tour ins Gedächnis. [ 2 ] Letztes Jahr sind wir von Oberstdorf nach Locarno gefahren und am vermeintlich letzten Tag saßen wir um halb drei in Dongo am Comer See und haben uns überlegt, ob wir an diesem Tag noch 2000 Höhenmeter und rund 70 Kilometer fahren könnten. Wir hatten an diesem Tag übrigens schon 70 Kilometer hinter uns. Wir kamen zu dem Entschluß, daß wir das schaffen können. Wir haben es nicht geschafft. Das war aber nicht tragisch. Im Gegenteil. Wir haben dadurch eine tolle Übernachtung auf dem Rifugio San Jorio gehabt. Ich muß richtig lachen, als mir diese Episode wieder einfällt. "Adi, weißt Du noch, letztes Jahr, die Etappe auf den Passo Jorio?" " Na klar, war doch stark, oder?" "Aber sicher doch!" Lachend rollen wir weiter.

Dieses Jahr fahre ich das erste Mal mit meinem Pulsmesser. Ich habe ihn sonst nie mit auf unsere Bikereise genommen. Dieses Jahr habe ich eine Ausnahme gemacht. Ich hatte die letzten Tage den Eindruck, ich bekomme eine Erkältung. Darum habe ich mir gedacht, daß ich mit dem Pulsmesser vielleicht besser mit meinen Kräften haushalten kann. Wir werden sehen, ob es was bringt. Im Moment fühle ich mich mal noch recht gut.

Nach gut zwei Stunden sind wir warmgefahren. Die Hektik der Anfahrt ist verflogen. Langsam kommen wir zur Besinnung. Wir sind wieder auf Tour und wir werden eine verdammt schöne Zeit haben. Also vergiß den Alltag!
Um diesen Vorsatz zu unterstreichen setzen wir uns in die Sonne und machen ausgiebig Brotzeit. Ich habe mir noch einen gut belegten Vinschgauer eingepackt. Der muß jetzt dran glauben. Bald schon ist es um ihn geschehen.

Frisch gestärkt geht die Fahrt weiter. Die Straße hier ist zwar geteert, sie ist aber trotzdem angenehm zu fahren. Keine Autos weit und breit. So wie die Straße angelegt ist, war es sicher mal eine alte Militärpiste.
Als wir die Paßhöhe auf 2100m erreichen ist es empfindlich kalt. Ein ekeliger Wind weht. Er geht durch bis auf die Knochen. Eine ungemütliche Gegend hier. Vor einiger Zeit mußten wir unsere nette kleine Militärstraße verlassen und auf die Hauptstraße wechseln. Hier haben uns dann gleich wieder die Autos genervt. Dazu kommt jetzt hier noch der Wind. Keine nette Begrüßung in Frankreich. (Der Paß ist die Grenze zwischen Italien und Frankreich)
Wir machen das wir weiter kommen. Ein Stück weiter muß ein Café kommen. Mal sehen, ob wir uns dort aufwärmen können. Als wir das Café schließlich erreichen finden wir es randvoll mit lauter jungen Italienern. Ich dränge mich bis zur Bar vor und bestelle endlich zwei Cappuccino. Da die Sonne die Macht wieder übernommen hat, können wir diesen auf der windgeschützten Terrasse trinken und uns wieder aufwärmen. Wir merken doch, daß wir auf über 2000m sind. Wirklich sommerlich ist es hier nicht mehr. Jetzt haben wir bis zur Hütte nur noch Schotterpiste. Also machen wir uns auf, das letzte Teilstück zu nehmen.

Direkt hinter der Bar sind große Gebäude zu sehen. Sieht aus als hätten hier mal viele Leute gewohnt. Vielleicht war das mal eine Grenzstation. Die EU hat sie dann überflüssig gemacht. Direkt hinter den Gebäuden beginnt endlich die Schotterpiste. Sie führt bald an einem Stausee vorbei. Der Lago del Moncenisio liegt in seiner vollen Pracht zu unseren Füßen. Ein tolles Bild. Das Forte Variselle haben wir beide stillschweigend ignoriert. Wir haben heute mit unserem Standardpensum genug. Uns ist nicht nach einem Zuschlag zumute. So rollen wir weiter und genießen den ständigen Blick auf den See. Nach einigem auf und ab sehen wir dann schließlich die Hütte. Der Name "Rifugio du Petit Mont Cenis" läßt doch einiges erwarten, oder? Wir wollen doch mal sehen, ob es hält, was der Name verspricht.

Der erste Eindruck ist mal nicht schlecht. Es liegt einsam und ruhig abseits des Weges. Als wir die Gaststube betreten sind noch sechs weitere Leute da. Ich frage nach einer Übernachtung und bin überrascht, daß eine Frau sogar ein paar Brocken deutsch versteht. Das hätte ich in Frankreich nicht erwartet. Der Wirt zeigt uns das Zimmer. Da heute nicht viele hier übernachten, kann er jeder Gruppe ein eigenes Zimmer geben. So kommt es, daß wir zu zweit in einem Achtbettzimmer liegen. Da haben wir natürlich genug Platz für unsere Klamotten. Sogar duschen kann man. Über soviel Komfort sind wir wirklich überrascht.

Nachdem wir uns wieder zivilisiert haben gehen wir in die Gaststube. Wir entdecken noch mal zwei Radler und setzen uns zu ihnen an den Tisch. Es sind zwei Schweizer. Es kommt gleich ein interessantes Gespräch zustande. Sie sind schon länger in der Gegend unterwegs. Wir merken bald, daß wir auf der gleichen Wellenlänge funken. Für diese Tour im Französisch-Italienischen Grenzgebiet sind die zwei das ideale Team. Der eine kann perfekt italienisch der andere perfekt französisch. So kann der eine mit dem Wirt (Franzose) über den richtigen Wein fachsimpeln und der andere bei der Bedienung (Italienerin) das Essen bestellen.
Wir profitieren von dieser Symbiose. Wir lassen sie einfach bestellen und brauchen nur die Köstlichkeiten in uns hinein zu stopfen. Gut, das mit den Köstlichkeiten ist so eine Sache. Es gibt eigentümliche gekochte Mettwürste mit Polenta. Normalerweise wäre das jetzt nicht so mein Ding. Nach so einem Tag, ist das aber schon eine Köstlichkeit. Der Wein ist auf jeden Fall nach unserem Geschmack. Nach dem Essen unterhalten wir uns noch weiter angeregt. Georg und Thomas haben schon Teile der Etappen gemacht, die wir noch vorhaben und können uns so wertvolle Tips geben. Da unsere Tour in dem einen oder anderen Detail noch nicht hundertprozentig feststeht, kommen uns diese Tips natürlich gerade recht. So trinken wir die eine oder andere Flasche Wein. Schließlich hat jeder die nötige Bettschwere und wir beschließen den Abend. Ich krieche in meine Koje. Der erste Tag unseres Bikeabenteuers gefällt uns schon mal sehr gut. Gute Nacht.


Gelbe Punkte

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In aller Frühe wache ich auf. Es herrscht noch Ruhe in der Hütte. Vor dem Fenster ziehen Nebelschwaden vorbei. Man ahnt aber schon, daß es ein schöner Tag wird. Gestern hatte der Wirt uns noch gesagt, daß das Wetter auf jeden Fall die nächsten Tage gut sein wird. Er scheint Recht zu behalten.

Beim Frühstück beschließen wir die Vormittagsetappe mit Georg und Thomas zusammen anzugehen. Auch sie wollen heute auf den Mont Malamot (2914m). So hoch war ich mit dem Bike noch nie. Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und machen uns gemeinsam mit Georg und Thomas auf. Sie sind mit sehr wenig Gepäck unterwegs. Sie haben es sich immer so eingerichtet, daß sie im Tal parken und dann eine Zweitagestour machen. Sie wollen heute Abend dann auch wieder bei ihrem Auto in Susa sein. Damit werden sie sicher auch kein Problem haben. Sie haben eher ein Problem damit, daß ihre Woche Urlaub damit zu Ende ist. Sie müssen heute wieder heimfahren. Das Leben kann hart sein. Jetzt geht es aber erst einmal Richtung Mt. Malamot.

Das erste Stück fahren wir auf dem Weg, den wir gestern gekommen sind. Es geht wieder am See entlang. Heute in der Morgenstimmung hat er einen völlig anderen Charakter. Stimmungsvolle Bilder. Georg und Thomas legen ein gutes Tempo vor. Sie sind halt doch ein gutes Stück jünger. Es scheinen eher die Konditionsbolzen zu sein. Der eine ist ständig bei irgendwelchen Triathlons unterwegs.
Als die eigentliche Auffahrt beginnt sind wir aber wieder alle beieinander. Serpentine um Serpentine schrauben wir uns den Berg hinauf. Vom See weg sind es über 900 Höhenmeter, die wir zurückzulegen haben. Das Wetter und die Landschaft lassen uns die Steigung aber vergessen. Die alte Militärpiste ist ideal zu fahren. Sie hat genau die richtige Steigung. Nicht zu steil und nicht zu flach.

Gegen 11.00 Uhr sind wir bei einer markanten Abzweigung auf 2600m angekommen. Eine verfallene Kasernenanlage liegt vor uns. Zurück haben wir eine schöne Aussicht auf den See und das Forte Variselle. Weiter folgen wir dem Anstieg. Trotz der Anstrengung ist es kalt hier oben. Kurz vor dem Gipfel sehen wir im Schatten von einem Begrenzungsstein Eisblumen. Richtig dick vereiste Grasbuschel. Schaut stark aus. Dann sind wir endlich oben. Eine unbeschreibliche Aussicht. Die Gipfel um uns herum sind in greifbarer Nähe. 2914m sind wir hoch. An einem windstillen Platz in der Sonne lassen wir uns nieder. Hier kann man es aushalten. Die restliche Welt liegt tief unter uns.

Wir bleiben eine ganze Zeit und genießen die Sonne und die Aussicht. Schließlich ist es dann aber doch Zeit aufzubrechen. Wir heizen die Strecke bis zu den verfallenen Kasernen noch gemeinsam hinunter. Bei einem groben Zwischenstück kann meine Federgabel zeigen was in ihr steckt. Mit meinem völlig ungefederten Rad hätte ich hier wohl alt ausgeschaut. Richtig massive Felsen sind hier abzureiten. Zwar nur knapp 100 Meter aber die haben es in sich. Doch nicht schlecht so ein Fully. Bei den Kasernen trennen wir uns schließlich von Georg und Thomas. Sie fahren ihre Variante nach Susa und wir wollen weiter Richtung Alta Via Val di Susa. Hört sich doch stark an, oder?

Der Karte nach scheint die Wegfindung kein Problem zu sein. Als wir bei ein paar kleinen Seen dann noch gelbe Markierungen sehen, habe ich keinen Zweifel, daß hier was faul sein könnte. Wir folgen den gelben Punkten. "Teilweise nur Wegspuren, teilweise ausgesetzt", steht in der Beschreibung. Kein Problem für uns. Nach einer guten Dreiviertelstunde kommt es uns dann doch spanisch vor. Der "Weg" scheint nicht nach unten, sondern langsam aber sicher nach oben zu führen.
Das Gemeine ist, daß wir schon die ganze Zeit den Fahrweg sehen können, zu dem wir wollen. Er liegt nur 400m unter uns. Das Gelände ist aber nicht für Experimente geeignet. Senkrechte Abbrüche wechseln mit schrofem Gelände. Schließlich sind wir sicher, daß dies nicht unser Weg sein kann. Schweren Herzens drehen wir um. Wir suchen uns einen geeigneten Weg zurück. Als wir schließlich wieder bei den kleinen Seen sind, sehen wir den Lac de Savine. Ein See der am Ende des Fahrwegs liegt, den wir schon die ganze Zeit unter uns sehen konnten.

Das mit den Wegen hier scheint so eine Sache zu sein. Der Weg den wir gegangen sind und den Weg den wir hier sehen, der ist nicht in der Karte eingezeichnet. Der Weg in der Karte ist in der Landschaft nicht zu finden. Wir sitzen in der Sonne und überlegen uns wie es jetzt weitergehen soll. Seit zwei Stunden traben wir jetzt schon durch die Prärie. Fahren war nur sporadisch möglich. Der Abstecher hier hat zu nichts geführt. Wir entscheiden uns dazu wieder zu den verfallenen Kasernen zurückzukehren und von dort weiter zum Col du Mont Cenis zu fahren. Da wissen wir, daß es gut zu fahren ist.
Ich muß ja auch bald bei SWR1 anrufen. Es ist immerhin schon 15.00 Uhr. Am Col ist sicher eine Bar mit Telefon. Man muß halt flexibel sein. So kehren wir zurück zum See (Lac Blanc 2617m). Von dort geht es auf bekanntem Weg am Lago del Monconisio entlang bis zum Col du Mont Cenis. (2081m) Wir haben uns beide auf den Cappuccino und das Telefonat gefreut. Nur, die Bar hat heute Ruhetag. Pech!

Da hilft kein Jammern. Das schlimmste ist vielleicht noch, daß wir hier auch unsre Wasserflaschen auffüllen wollten. Das wird jetzt halt nichts. So fahren wir ohne Telefonat, ohne Wasser und ohne Cappuccino weiter. Bei Hof "la Ramasse" müssen wir die Straße verlassen. Da ich mir denken kann, daß das für längere Zeit die letzte Wasserstelle sein kann, frage ich einen Bauern nach Wasser. Er schickt uns zum Haus. Hier stören wir die Familie scheinbar gerade beim Abendessen. Alle sind um den Küchentisch versammelt und essen Brot mit Milch. "Mill mit Brocken", wie man im Allgäu sagt. Wir können unsere Wasserflaschen auffüllen. Leider verstehen wir uns darüber hinaus kein bißchen. So können wir uns nur vielmals bedanken und noch einen schönen Abend wünschen.
Mit frisch gefüllten Tanks verlassen wir also die Straße und fahren in einen Waldweg. Hier gäbe es auch wieder die Möglichkeit einen Abstecher zu einem Fort zu machen. Die fortgeschritten Zeit und SWR1 lassen uns aber dagegen entscheiden. Unter uns im Tal ist eine große Straße zu erkennen. Sie kommt von Westen über den Col de Iseran aus Val d I'Sere. Lauter bekannte Namen.

Jetzt haben wir noch eine endlose Abfahrt nach Termignon (1292m) vor uns. Der Weg ist super. Während ich so um die Kurven drifte, merke ich, daß Adi zurückbleibt. Das ist sonst nicht seine Art. Ich warte und frage ihn, ob es ein Problem gibt. "Beim Bremsen gibt es hinten so ein komisches Geräusch!" "Laß uns lieber mal nachsehen", höre ich mich sagen. "Du liebe Scheiße!", sieh Dir das bloß an. Adis hintere Felge hat an der Seite einen ungefähr 5 cm langen Riß gebildet. Ein richtiger Spalt tut sich auf. "Na die ist wohl am Ende", sage ich ."Da kannst Du Recht haben!" Adi positioniert die Beläge seiner V-Brake etwas anders und versucht vorsichtig weiterzufahren. Obwohl meine Felgen in Ordnung sind, habe ich ein echt mulmiges Gefühl.

"Und ich habe noch überlegt, ob ich die Felgen dieses Jahr tausche", sagt Adi. "Dann habe ich aber gedacht, die gehen die Saison schon noch." Vorsichtig fahren wir die verbleibenden sechshundert Höhenmeter hinunter.

Wo bekommen wir hier blos ne' neue Felge her, geht es mir durch den Kopf. Jetzt schauen wir erstmal nach einen Telefon. SWR1 will angerufen werden. Als wir schließlich in Termignon ankommen ist es schon fünf vor sechs. "Na gerade noch rechtzeitig!". Als wir bei einem Hotel mit Bar vorbeikommen, stürme ich gleich hinein und versuche dem Wirt klarzumachen, daß ich seine Telefonnummer brauche. Er und seine Frau sprechen nur französisch. Ich nur englisch und deutsch. Entsprechend schwierig gestaltet sich das Ganze.
Schließlich gelingt es mir aber doch. Bei einem Cappuccino auf der Terrasse rufen wir dann mit Adis Handy beim Sender an und geben die ergatterte Nummer durch. Fünf Minuten später kommt der Wirt und winkt mich hinein. Telefon! Es ist Dörte. Leider hat sie keine guten Nachrichten. Nachdem ich am Nachmittag nicht angerufen hatte, habe sie kalte Füße bekommen und nach einem Ersatzinterview geschaut. Sie habe jetzt Andi Heckmaier interviewt. "So", sage ich. "Schade eigentlich!" " Ja, es tut mir leid, aber ich wollte am Ende nicht ohne darstehen." Wir haben dann doch noch ein Interview gemacht. "Ich lasse dann die Redaktion entscheiden, ob wir das mit Dir oder mit Heckmaier senden!" hat sie mir erklärt. Nach dem Gespräch ist mir dann aber schon klar, was gesendet wird. Ich habe soviel Müll geredet. Das kann man keinem zumuten. Der Tag hat mich halt doch mitgenommen. Wenigstens hat Dörte den Wirt aufgeklärt. Er ist jetzt deutlich freundlicher. Er hat wohl gedacht wir führen was übles im Schilde.

Nach dieser Enttäuschung kommt die Nächste. Hier können wir nicht bleiben. Das Hotel, daß zu der Bar gehört, hat zu. Wir müssen nach einer anderen Unterkunft suchen. Glücklicherweise finden wir ein anderes Hotel. Die Auswahl ist nicht groß (Es ist das einzige Hotel in Termignon, daß geöffnet ist!) So checken wir ein, verstauen unsere Räder und schauen, daß wir unter die Dusche kommen.

Während Adi duscht, liege ich auf dem Bett, lehne meine Beine an die Wand und lasse den Tag noch mal an mir vorbeiziehen. Höhen und Tiefen waren dabei. Eine tolle Auffahrt, eine tolle Abfahrt, nette Leute, super Aussichten, traumhaftes Wetter. Sinnlose Wegsucherei, Wasserknappheit, fast ein Felgenbruch und die Interviewpleite. Dörte hat mich nach dem "Warum" gefragt. "Warum macht man so eine Tour?" Ich habe ihr was von Naturerlebnis erzählt. Was ist denn wirklich der Grund? Ich weiß es nicht genau.
Durchs Fenster sehe ich wie am Himmel Wolken durchziehen. Friedlich schaut es aus. Langsam komme ich zur Ruhe. An so einem schönen Tag kann uns doch nichts die Laune verderben. Adi ist fertig, also ab unter die Dusche.


Boxenstop

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Beim Frühstück beratschlagen wir, was wir mit Adis Felge machen wollen. "Wir haben noch mehr als 6000 Höhenmeter Abfahrt vor uns. Das kannst Du mit der Felge nicht mehr machen!" sage ich. "Das sehe ich auch so." Der nächste größere Ort ist Modane, circa 20 km von hier weg. Das wird die Felge schon noch schaffen. Die 600m Abfahrt dorthin müssen "wir" halt höllisch aufpassen.

Die Strecke ist nicht sehr spektakulär. Auf einer kleinen Nebenstraße geht es gemütlich dahin. Nach eineinhalb Stunden sind wir in Modane. Wir halten Ausschau nach einem Bikeladen. Wir finden aber keinen. "Da werde ich wohl fragen müssen", sage ich zu Adi. "Ich bin mal gespannt, ob dich hier einer versteht", kommt es zurück.

Ich versuche es in einem Zeitungsladen. Es ist wirklich abenteuerlich. Mein Gegenüber versteht wirklich kein Wort von mir und ich keines von ihm. Wir schaffen es aber trotzdem uns zu verstehen. Ich erkläre ihm, daß wir ein defektes Bike haben und eine Werkstatt oder einen Bikeladen suchen. Er erklärt mir wo es einen solchen gibt. Er beschreibt mir sogar den Weg. Das bestätigt mir mal wieder, daß man sich einfach nur verstehen wollen muß. Verstehen tut man sich dann von alleine. Ich bedanke mich vielmals und wir fahren in die beschriebene Richtung, überqueren die beschriebene Eisenbahnbrücke, finden die richtige Straße und nach einigen Kilometern den beschriebenen Shop mit Werkstatt. Treffer! Viva la France!
Im Laden versteht man teilweise englisch. Was wir wollen ist aber auch recht klar. Adis Felge spricht für sich. Wir finden bald eine gute Lösung. Der Mechaniker findet eine gebrauchte Felge, die noch seht gut ausschaut. Sie ist komplett eingespeicht mit Nabe und Zahnkranz. Den Zahnkranz wechselt er. Bleibt noch die Nabe. Die schneidet er einfach aus der defekten Felge heraus. Nun hat Adi zwar etwas mehr Gepäck, (seine XT-Nabe) aber er ist wieder voll im Rennen.

Zur Feier des Tages kaufen wir Brot bei einem Bäcker und Wurst und Pasteten bei einem Metzger. Wir setzen uns an einem Brunnen in die Sonne und machen Brotzeit. "Das haben wir doch gut hinbekommen, oder?" frage ich. "Genial, einfach genial!" kommt als Antwort. Zufrieden mit uns und der Welt mampfen wir unser Mittagessen.

Nach diesem Festmahl füllen wir am Brunnen noch unsere Wasserflaschen. Es gilt noch 1500 Höhenmeter zu erklimmen. Col de Frejus (2541m) ist unser Gipfelpunkt heute.
Bis wir aus Modane heraus sind, müssen wir noch auf Teerstraßen fahren. Bald beginnt aber wieder eine Schotterpiste. Wir sind wieder alleine mit uns und der Natur. Langsam aber sicher radeln wir dem Paß entgegen.

Die neue Felge läuft wie geschmiert. Alles wieder im grünen Bereich. Einmal bin ich mir nicht recht sicher, ob wir auch den rechten Pfad wandeln. An einem Ferienhaus frage ich nach dem Weg. Ich brauche eigentlich nur eine Bestätigung, daß wir da sind wo ich uns vermute. Hier klappt die Verständigung aber nicht so gut. Wir reden und gestikulieren eine Zeitlang aneinander vorbei. Schließlich gebe ich entnervt auf. "Es wird schon stimmen!" ist mein Resümee. So fahren wir weiter. Am nächsten markanten Punkt finde ich dann die Bestätigung, die ich gebraucht haben. Wir sind richtig!
1500 Höhenmeter am Stück ziehen sich schon hin. Vor allem, wenn keine Flachstücke dabei sind. Man kann sich halt nicht zwischendurch mal wieder freiradeln. Die Muskeln müssen immer arbeiten. Es gibt keine Rollphasen.

Die Gegend ist sehr schön. Es gibt immer etwas zu schauen, zu entdecken. Als wir in die Nähe der Paßhöhe kommen, wird es karger. Im unteren Bereich sind wir durch dichte Wälder gefahren. In diesen Höhen wächst nichts mehr. Flechten und einzelne extraharte Grasbuschel, sonst nichts.
Endlich stehen wir auf dem Col de Frejus (2514m). Das ist das Col de Frejus, das in Turin angeschrieben war und wir nicht kannten. Darum hatten wir uns dort bei der Herfahrt verfahren. Jetzt kennen wir es und wir werden es sicher nicht mehr vergessen. Wenn man etwas beradelt, prägt es sich gut ein. In Turin angeschrieben ist es sicher, weil tief unter uns im Berg eine Schnellstraße verläuft, die hier Italien mit Frankreich verbindet. Es ist eine wichtige Verbindungsstraße.

Wir überqueren die Grenze nach Italien Ein Brunnen mit wunderbar frischem Wasser empfängt uns. Eiskalt rinnt es meine Kehle hinunter. Eine Wohltat. Wir rasten und lassen die Augen schweifen. Ein Gedenkstein erinnert an Lawinenopfer. Einige verfallene Hütten erinnern an den Krieg.
Als wir uns dann sattgesehen haben und uns an den Resten unserer Wurstplatte sattgegessen haben machen wir uns an die Abfahrt nach Badonecchia. Es liegt 1200m unter uns. Bei den ersten 700m sind wir uns nicht sicher, was wir fahren können und was nicht. Lassen wir uns überraschen. Die Aussicht ins Tal ist traumhaft. Im erstem Moment haben wir den Eindruck, daß es lange nichts wird mit fahren. Schnell aber wird klar, es kommt was tolles auf uns zu. Bald schon sitzen wir auf unseren Rädern, den Arsch weit hinter dem Sattel und rauschen den Weg hinunter. Mal ist er sehr steil, mal ein sanfter Wiesenweg. Immer ein toller Trail. Dann kommt wieder ein kurzes Schiebestück, dann geht es wieder in wilder Fahrt hinab. Schließlich kommen wir an einen Fahrweg. Wir haben uns am Schluß noch richtig in Rage gefahren. Ein echt toller Downhill. Wau!

Den Rest des Weges nach Bardonecchia (1300m) fahren wir gemächlich in der Abendsonne hinab. Die Schweizer, die wir am ersten Abend kennengelernt hatten, haben uns was von einem Hotel Europa erzählt. Das soll sehr gut gewesen sein. Wir halten also Ausschau nach diesem Hotel. Tatsächlich finden wir ein Hinweisschild zu diesem Hotel. Wir fahren den Schildern nach und landen schließlich wirklich im Hotel Europa. Als wir in der Bar sitzen und einen Cappuccino trinken sind wir uns schnell einig, daß uns dieses Hotel gefällt. Der urige Italiener, der es führt ist uns gleich sympathisch. Leider geht die Konversation nicht über das nötigste hinaus. Er interessiert sich woher wir kommen und wohin wir wollen. Wir erklären es so gut es geht.

Seit Jahren nehme ich mir schon vor, italienisch zu lernen. Es bleibt aber immer nur bei dem Vorsatz. Das Zimmer ist gut. Abendessen gibt es aber keines. Zu wenig Gäste. Wir gewinnen immer mehr den Eindruck, daß die Gegend hier um diese Zeit keine touristische Hochburg ist. Unterm Strich empfinden wir dies aber als Vorteil.

Wenn es hier im Hotel nichts zu Essen gibt, dann gehen wir halt in den Ort und suchen uns ein Lokal. Es tut unseren Beinen sicher gut, wenn sie ein wenig vertreten werden. Den heutigen Tag müssen wir auf jeden Fall feiern. Ja, Dörte, der heutige Tag war eine gute Antwort nach Deiner Frage nach dem "Warum".


Das Höchste

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"Das Wetter wird wieder super!" ist das erste was ich an diesem Morgen höre. Adi ist schon aufgestanden und schaut aus dem Fenster. "Soviel Ruß, wie wir bei unseren Touren haben, gibt es doch kein zweites Mal, oder?" setzt er noch hinzu. Ich kann ihm nur recht geben. "Jeder wie er es verdient." ist mein Kommentar.

Es erwartet uns ein italienischen Frühstück. Auf unsere Nachfrage bringt der Wirt aber eine große Käse- und Schinkenplatte. Ein wirklich gutes Frühstück.

Bei strahlendem Sonnenschein starten wir unsere Königsetappe. Heute wollen wir auf das Col Sommeiler. 3000m hoch ist dieser Sattel. Komplett fahrbar. Eine Militärpiste wird uns bis ganz nach oben bringen. Besser gesagt, sie gibt uns die Möglichkeit uns ganz nach oben zu bringen. Jeden Höhenmeter werden wir diesem Berg abringen müssen. Das ahnen wir aber im Moment nur. Was wir wissen ist, daß es 1700 Höhenmeter am Stück bergauf geht. Mir schwirren diese Zahlen durch den Kopf, als wir durch die Fußgängerzone in Bordonecchia rollen. Die beste Taktik wird es sein, sich nicht beeindrucken zu lassen.

In Rochemolles (1619m) halten wir das erste Mal an. Wir machen ein paar Fotos und ich esse einen Happen. Die Sonne hat es noch nicht in das enge Tal geschafft. Sie ist aber in Sicht.
Auf einer Höhe von knapp 2000m kommen wir an einem Stausee vorbei. (L. di Rochemolles) Eine Schönheit ist er nicht. Es ist recht wenig Wasser im See. Dann sehen Stauseen immer traurig aus. Das Rifugio Saarfiotti (2156m) lassen wir links liegen. Vielleicht kehren wir am Rückweg dort ein. Vom Endpunkt trennen uns noch 850 Höhenmeter. Die Piste wird steiler. Ab und zu überholen uns ein paar Motorräder. Ich kann mir vorstellen, daß hier am Wochenende echt was los ist. Heute empfinden wir es nicht als unangenehm. Wir können noch keinen Endpunkt ausmachen. Der Pistenverlauf ist nicht zu erahnen. Nach jeder Kehre sind wir wieder überrascht, wie es weitergeht. Wenn man so endlos durch die Gegend radelt hat man viel Zeit zum Nachdenken. Es ist schon komisch, was einem da so alles einfällt und was man sich so vorstellt. Manchmal denke ich an Renate, manchmal an ein kühles Bier, manchmal an nichts. Bei einer kurzen Rast bei 2500m stellen wir fest, daß der Himmel heute wieder "Bikeabenteuer-Blau" ist. Das ist ein so tiefes Blau, daß man Angst hat, hineingezogen zu werden, so tief und klar wie es ist.

Ein paar Kehren später ahnt man endlich das Col. Vegetation gibt es hier oben keine mehr. Es gibt nur noch Fels und Steine in allen Größen und Formen. Wie ich so den Weg betrachte, der noch vor uns liegt, sehe ich einen Radfahrer langsam bergab fahren. Erst nach und nach wird mir klar, daß dies ein Rennradler ist. Die ganze Zeit waren mir schon Radspuren aufgefallen, die verdammt schmal waren. Mit einem Rennrad hier unterwegs zu sein ist wirklich eine starke Leistung. Wir mit unseren 27 Berggängen und bequemer Vollfederung tun uns da unvergleichlich leichter. Als sich der Rennradler zu uns runtergearbeitet hat, sehen wir, daß es ein zäher älterer Italiener ist. Er lächelt gequält im Vorbeifahren. In diesem Tempo wird er aber sicher den ganzen Tag brauchen, bis er wieder unten ist. Er muß ja auch jedem Steinchen ausweichen. In dieser Schotterwüste ein ungleicher Kampf. Nur schwer kann ich mich von seinem Anblick lösen. Ich schaue ihm noch eine Zeitlang nach. Gerne hätte ich ein paar Worte mit ihm gewechselt. Da war aber wieder die Sprachbarriere im Weg.

Wir nehmen die letzte Höhenmeter in Angriff. Um 13.45 Uhr sind wir oben. Der Höhenmesser zeigt 3000m! Wir fallen uns in die Arme. Für uns bedeutet das Höhenrekord. Klar gibt es höhere Punkte. Wir sich trotzdem stolz auf uns. Ein wenig fühle ich mich wie auf einem Achttausender. (Entschuldigt den Vergleich!)

Die Aussicht ist nicht schlecht. Direkt vor uns liegt ein Gletscher. (Glacier Sommeiler) In der Ferne endlos viele Gipfel. Ein heftiger Wind zerrt an unseren Klamotten. Trotzdem halten wir es eine ganze Zeit hier oben aus. Wir genießen einfach den Augenblick.

Jetzt bin ich gespannt, wie lange wir für die Abfahrt brauchen. Fünf Stunden und fünfzehn Minuten haben wir für die 1700 Höhenmeter und knapp 30 Kilometer gebraucht. Jetzt probieren wir mal die andere Richtung. In wilder Fahrt geht es hinab.

Die Federn arbeiten hart. Ich muß wieder an den Rennradler denken. Trotz unserer langen Pause werden wir den Kollegen sicher bald eingeholt haben, denke ich so für mich. Kehre um Kehre schreddern wir hinab. Hier kann ein Fully Vorteile ausspielen. Ich bin froh, daß ich mich endlich zum Umstieg durchringen konnte. Mit meinem Steppenwolf habe ich einen guten Griff getan. Gutmütig folgt es meinen Lenkbewegungen und schluckt die rauhe Piste ohne murren.

Die Gegend fliegt an uns vorbei. Eine Stunde brauchen wir, bis wir tausend Meter tiefer im Rifugio Scarfiotti einkehren. Hier hätten wir den Rennradler eingeholt. Er braucht aber scheinbar keine Pause und so entkommt er uns wieder.

Als wir nach etwas zum Beißen fragen, spielt der Wirt erst nicht richtig mit. Wir können ihn dann aber doch überreden eine große Portion Pasta zu zaubern. Köstlich. Das ist mal wieder so ein genialer Moment. Die Sonne brennt runter, eine tolle Landschaft um uns herum, Pasta auf dem Teller und noch tausend Meter Abfahrt vor uns. Bikerherz was willst Du mehr.

Als dann die Sonne langsam hinter den hohen Bergen verschwindet machen wir uns wieder auf den Weg. Es wird Zeit weiterzukommen. Wir müssen wieder nach Bardonecchia. Wir fahren aber nicht die Route, auf der wir gekommen sind. Wir fahren eine Variante über Decauville. Eine tolle Waldpiste. Einsam und verlassen. Sie scheint nur für uns angelegt worden zu sein.

Beim Albergo Jafferau (1930m) kommen wir kurz ins grübeln. Bei der Planung für den heutigen Tag haben wir als Variante noch einen Abstecher unterhalb der Flanken des M. Jafferau (2801m) vorgesehen. Es muß eine sehr interessante Strecke mit tollen Ausblicken und einem fast einem Kilometer langen Tunnel sein. Wir kämen dann aber in Salbertrant heraus und müßten dann wieder zurück nach Olux (1075m). Dies soll unser heutiges Etappenziel sein.
Wir entscheiden uns dafür, die Variante nicht zu machen. So geht es weiter steil bergab über den Weiler Gleise nach Bardonecchia, wo unsere Tour heute morgen begann.

Von hier fahren wir immer an der Dora di Bardonecchia entlang Richtung Olux. Der Weg entlang des Flusses ist ein wenig verwildert. Uns ist das Recht so. Wir fahren uns in einen regelrechten Rausch. Volles Rohr geht es über Stock und Stein. Ein paar versprengte Wanderer und Jogger, die uns begegnen, halten uns sicher für völlig bekloppt, wie wir so an ihnen vorbeirauschen. Die wilde Jagt endet schließlich in Olux.

Wir fahren durch den Ort und suchen nach einer Unterkunft. Spontan finden wir nichts. Zufällig finden wir das Fremdenverkehrsamt. Das ist aber zu. Also fahren wir noch mal eine Runde durch den Ort. Wir finden wieder nichts. Ein Hinweisschild führt uns zu einen kleinen Vorort. Tatsächlich ist hier eine Hotel. Leider ist dies aber geschlossen. Saison scheint hier keine mehr zu sein. Wir fragen eine Passantin. Die sagt uns, daß es hier außer diesem Hotel nicht gibt. "Die nächste Möglichkeit ist Salbertrant" (1032m). "Sauber", sag ich. Hilft ja nichts. So machen wir uns auf nach Saltertrant.

Nach acht Kilometern auf einer befahrenen Landstraße sind wir schließlich da und stellen fest, daß es hier überhaupt nichts gibt. Der einziger Gasthof sieht aus. als ob er seit zehn Jahren geschlossen hätte. Wir fragen wieder eine Passantin. "Die nächste Möglichkeit ist in Olux!" "Scheiße, daß kann doch nicht wahr sein!" Ich kann meinen Ärger nicht mehr unterdrücken. "Hast Du auf dem Weg hierher den Campingplatz gesehen?" fragt Adi. "Ja, den habe ich gesehen." "Wollen wir versuchen dort unterzukommen?" fragt er weiter. "Viele Möglichkeiten haben wir nicht, also auf zum Campingplatz".

Schnell sind wir die vier Kilometer wieder zurückgefahren und versuchen hier unser Glück. Ich frage im Büro, ob es eine Möglichkeit für uns gibt hier unterzukommen. "Wenn Du ein Zelt hast, kein Problem". bekomme ich zur Antwort. "Kann ich denn keine Hütte mieten, oder einen festen Wohnwagen, oder ein Zelt mieten?" "Nein, aber Du kannst ja in Olux im Supermarkt eines kaufen!". Irgendwie komme ich mir vor, wie im falsche Film. Meint die das ernst?
Ich berichte Adi über die Lage und wir beraten anhand der Karte die Lage. Wir haben folgende Möglichkeiten: Unsere eigentliche Route geht von Olux weiter über Sauze d'Olux (1510m) zur Assietta Grenzkammstraße. Laut Beschreibung ist Sauze d'Olux aber ein reiner Wintersportort. Dort finden wir sicher auch keine Unterkunft und es sind über 500 Höhenmeter bis dorthin. Zurück nach Bardonecchia wollen wir nicht. "Welche Orte gibt es in der anderen Richtung?" frage ich. Salbertrant, Exilles, Chiomonte, dann kommt schon Susa. "Sauber, aber wir können doch nicht heute schon nach Susa fahren." sind wir uns einig.

Schließlich entscheiden wir, daß wir Richtung Susa fahren und bei der ersten Möglichkeit übernachten. Es ist jetzt sechs Uhr und noch circa eineinhalb Stunden hell. Keine tolle Lösung aber wir sehen keine echte Alternative. Unter einem Baum wollen wir halt auch nicht schlafen. So machen wir uns auf und fahren auf der Landstraße Richtung Susa.

Wir passieren Salbertrant zum zweiten Mal. Hier haben wir schon alles abgegrast. Der nächste Ort ist Exilles. Ein düsterer kleiner Ort, ohne jedes Leben. Wir fühlen uns ins Mittelalter versetzt. Mir gedrückter Stimmung fahren wir weiter. "Wo ist unser Glück geblieben?" denke ich mir, währen die Straße langsam aber sicher schon nach Susa abfällt.

Es geht leicht bergab. Es kann doch nicht sein, daß wir unser Abenteuer heute schon beenden müssen. In Chiomonte endlich finden wir ein Hotel. Ich gehe hinein, frage nach einem Zimmer und bekomme nur "Kompletto" zur Antwort. Auch auf mein ungläubiges Nachfragen bekomme ich die gleiche Antwort. "Die will uns nicht!" denke ich mir und ich trotte wieder hinaus.

"Das gibt es doch nicht!" meint Adi. "Scheinbar doch!" "Dort ist noch mal ein Hotelschild", sage ich. "Schauen wir doch dort mal nach!" Wir rollen 100 Meter die Straße hinunter und stehen auf einem kleinen Parkplatz. Ich frage an der Rezeption nach einem Zimmer und Bingo!!! Das war Rettung in letzter Sekunde. Wir stellen die Räder in die Garage und checken ein. Kein Luxuszimmer aber wir haben alles was wir brauchen. Wir fluten das Zimmer durch eine ausgiebige Duschorgie. Nach dem duschen, fühlen uns gleich wieder um 100% besser. Jetzt ab zum Essen. Ich habe einen Bärenhunger!


Ein kleiner Umweg

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"Assietta Grenzkammstraße". Das ist einer der Begriffe, die seit Jahren in meinem Kopf herumspuken. Heute endlich steht sie auf dem Programm. Nachdem gestern unser freier Fall nach Susa circa sechs Kilometer vor dem Aufprall gestoppt wurde, können wir dieses Highlight nun doch noch mitnehmen. Wir müssen die Strecke zwar etwas modifizieren, der wesentliche, weil schönste Teil der Assietta Genzkammstraße wird auf jeden Fall dabei sein.
Die Nähe zu Susa macht heute zwei interessante Varianten möglich. Die eine Variante geht 250 Höhenmeter gemütlich rollend bergab bis Susa. Dort könnten wir dann den Rest des Tages vertrödeln und uns bei Cappuccino in der Sonne aalen. Die zweite Alternative ist ein Trip über 2100 Höhenmeter hinauf zur Assietta Grenzkammstarße und wieder hinab nach Susa: Insgesamt 50 Kilometer. Das wäre wieder so eine Frage für Dörte. Wir haben uns diese Frage mal hypothetisch gestellt. Natürlich haben wir uns für die einzig wahre Variante entschieden. Auf geht es zur Assitta Grenzkammstraße!

Gleich hinter Chiomonte (748m) geht es heftig zur Sache. Wir haben keine Zeit uns warmzufahren. Heute sind es 2000 Höhenmeter am Stück bergauf. Irgendwie wird das auch jeden Tag mehr. Die vier vergangenen Tage stecken uns in den Knochen. Wir haben auch festgestellt, daß es einen Unterschied macht, ob man an einem Tag zweimal 1000 Höhenmeter oder einmal 2000 Höhenmeter fährt. Eine längere Abfahrt zwischen zwei großen Aufstiegen bringt schon eine Erleichterung für die Muskeln und die Psyche. Sei's drum, heute geht es halt alles in einem Stück bergauf.

Am letzten Tag stelle ich immer wieder fest, daß das Naturerlebnis am größten ist. Das Bewußtsein, daß morgen alles wieder vorbei ist, führt dazu, daß man verzweifelt versucht jeden Meter, jeden Geruch, jedes Geräusch in sich aufzusaugen. Ja nichts verpassen, ja nichts vergessen. Morgen ist alles vorbei. So verfliegt die Zeit im Fluge.

Auf einer schönen Lichtung machen wir Brotzeit. Wir sind auf 1730m. Tausend Höhenmeter liegen schon hinter uns. Wie wir so in der Sonne liegen und unsere letzten Reserven verspeisen, kommt eine Herde aus Schumpen, Kühen und Schafen den Berg hinunter. Getrieben von Hirtenhunden zotteln sie querfeldein. Die Hunde haben alles voll im Griff. Das ist sicher ein Traumjob für Hunde. Begehrt und gut bezahlt.
Die Herde beachtet uns überhaupt nicht. Sie traben rechts und links an uns vorbei. Auch die Hunde würdigen uns keines Blickes. Ein Welpe hat's besonders wichtig. Er ist wohl noch in der Ausbildung und legt sich mächtig ins Zeug. Ein nettes Schauspiel. Nach zehn Minuten ist der Spuk vorbei. Die modernen Hirten mit ihren Crossmaschinen tuckern der Herde hinterher. Es kehrt wieder Ruhe ein, auf unserer Lichtung.

Es drängt uns weiter. Wir haben ja noch weitere tausend Höhenmeter vor uns. Nach kurzer Zeit kommen wir an eine Alpe (Alpe d'Arguel, 1961m). Hier füllen wir unsere verbrauchten Wasservorräte wieder auf. Der Anstieg in der Sonne läßt den Wasserverbrauch steigen. Ich komme auf die Idee nach Käse zu fragen und die Sennerin führt uns in ihr Reich. Käse so weit das Auge reicht. Ein Fest für die Augen. Uns läuft das Wasser im Mund zusammen. Sie läßt uns hier und da probieren. Wir nehmen beide ein Pannini mit einer unvorstellbaren Menge Käse drauf. Mit unserer Beute setzten wir uns vor die Hütte in die Sonne und genießen unsere Mahlzeit. Jetzt kann der letzte Anstieg uns nichts mehr anhaben. Wir sind zu allem bereit, was da auch kommen mag.

Kurz bevor wir die Assietta erreichen wird es noch mal richtig steil. Kurze Stücke müssen wir schieben. Die Muskeln sind ausgepowert. Dann endlich sind wir oben. Alte Militäranlagen zeugen von den vergangenen Kriegshandlungen hier oben. Rechter Hand sehen wir den Weg, den wir gekommen wären, wenn wir heute morgen in Olux gestartet wären. Bis hier wäre es ein guter Breiter Fahrweg gewesen. Ab hier wird es jetzt schmaler, schöner, abenteuerlicher. Wir folgen der Grenzkammstraße ostwärts. Eben ist sie nicht. Im Gegenteil es geht immer wieder bergauf. Es ist ein schmaler Weg. Manchmal nur ein Pfad. Wir kämpfen gegen einen heftigen Wind. Die Ausblicke sind immer wieder atemberaubend. Mal sieht man nach Norden am Kamm entlang, dann kommen wir wieder um eine Ecke herum und wir sehen nach Süden am Kamm entlang. Auf der einen Seite Windstill, auf der anderen Seite bläst uns der Wind mit brachialer Macht entgegen. Nur einmal haben wir ihn fast von hinten. (Natürlich nur kurz!)

Keine Menschenseele ist unterwegs. Wir haben die Szenerie für uns. Kurz vor dem Col de Finistre (2176m) setzen wir uns bequem ins Gras und tauschen unsere Eindrücke aus. Eine eindrucksvolle Strecke. Jeder Meter ein Highlight. Jetzt ist es 16.00 Uhr. Von Susa trennen uns nur noch 1500 Höhenmeter Abfahrt. Unsere Tour neigt sich dem Ende. "Ob es doch besser gewesen wäre, wenn wir heute morgen gleich nach Susa gefahren wären?" frage ich Adi. "Spinnst Du?" kommt es entrüstet zurück. Spaß muß sein. Nein, auf keinen Fall möchte ich diese Etappe missen. Sie ist einfach toll.

Langsam müssen wir uns dann doch mit dem Gedanken anfreunden loszufahren. Da die Sandpiste von Susa zum Col de Finistre auch von Autos befahren wird ist sie eine rechte Semmelpiste. Es staubt aber auch gehörig. Kehre um Kehre düsen wir hinab. Kehre um Kehre wird es wärmer. Durch den Wind war es oben auf 2800m schon frisch. Irgendwann merke ich, daß mir die Kette vom Kettenblatt nach innen gefallen ist. Ist ja kein Problem. Einfach aufs mittlere Blatt schalten und weitertreten. Doch anstatt brav wieder aufs mittlere Blatt zu gleiten klemmt sich die Kette zwischen Kurbel und Tretlager ein.
Ich versuche es noch mal vorsichtig, dann unvorsichtig. Es hilft alles nichts. Meine Kurbel dreht sich nicht mehr. Alles ist verklemmt. Adi ist nicht mehr zu sehen. So kann ich aber nicht noch 700 Höhenmeter abfahren. Ein Pedal zeigt nach oben, eines nach unten. So kommt kein Spaß mehr auf. Also halte ich an und sehe mir die Bescherung genauer an. Da paßt doch diese schmale 9-fach Kette so exakt zwischen Tretlager und Kurbel, daß sie nicht mehr rauszubekommen ist. Ich drehe, fluche, zerre an der Kette. Alles hilft nichts. "So eine Scheißkonstruktion!" fluche ich laut. Bei meinem alten Rad ist es mir auch ab und zu passiert, daß die Kette nach innen gefallen ist. Hochschalten, eine Kurbelumdrehung und die Kette war wieder drauf. Das habe ich teilweise schon gar nicht mehr registriert, so eingespielt war dieses Verfahren. Und jetzt das. Ich weiß mir schließlich nur noch einen Rat. Ich nehmen meinen Kettennieter und mache die Kette auf. Endlich bekomme ich sie heraus. Nachdem ich sie wieder zusammengenietet habe ist der Schaden zwar behoben, ich bin trotzdem auf 180!

Wenigstens kann ich jetzt weiterfahren. Bald kommt Adi mir entgegen. Ihm ist die Zeit dann doch zu lang geworden und er hat sich wieder an den Aufstieg gemacht. "Ich dachte schon, du liegst irgendwo im Graben!" Ich erkläre kurz die Lage und er ist wieder beruhigt. So fahren wir die letzten Kehren wieder gemeinsam bis Susa.

Wir finden das Auto gleich wieder. Unversehrt, wie wir es vor fünf Tagen abgestellt haben. 2200m über uns sehen wir den Kamm der Assietta Grenzkammstraße. "Da oben waren wir heute Mittag", sage ich mit Wehmut. Leider hat alles mal ein Ende. Auch ein Bikeabenteuer. Am Ende geht es dann alles immer sehr schnell. Wir sind am Auto, die Bikes werden aufs Dach gebaut, die Klamotten gewechselt und schon sind wir nicht mehr auf Tour. Der Alltag hat uns schon fast wieder eingeholt. Es wird Zeit, daß wir wieder losfahren...


Nachwort

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Wir sind im Prinzip die Tour gefahren, wie sie in der Mountain Bike [ 1 ]beschrieben war. Wir haben lediglich aus sechs Etappen fünf gemacht. Da in diesem Gebiet aber so viele Militärstraßen und Forstwege zu finden sind war die Variation kein Problem.
Ein Problem war eher, daß viele Gasthäuser und Hotels schon geschlossen waren. Trotzdem sind wir unserem Grundsatz treu geblieben, keine Übernachtung telefonisch zu reservieren.

Wir sind die Tour übrigens vom 3. September bis 7. September 2000 gefahren. Wir sind inzwischen auf die Zeit Anfang September geeicht. Wir haben in dieser Zeit einfach die beste Erfahrung mit dem Wetter gemacht.


Verwendete Karten

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Michelin, Carte Routiere et Touristique, Blatt Nr. 77; 1:200000; "Valence, Grenoble, Gap"
IGC; Blatt Nr. 2; Instituto Geografico Centrale; 1:50000; "Valli di Lanzo e Monceniso"
IGC; Blatt Nr. 1; Instituto Geografico Centrale; 1:50000; "Valli di Susa, Chisone e Germanasca"
IGN; Blatt Nr. 53; Institut Geographique National; 1:100000; "Grenoble, Mont-Blanc"


Ergänzende Literatur

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[ 1 ] Zeitschrift "Mountain Bike", Ausgabe 6/00, "Go West, Tour du Mont Cenis". Nähere Info unter www.mountainbike-magazin

[ 2 ] Bikereise 6 von Eckart Heinrich; "Bike Pervers" - Mit dem Mountainbike von Oberstdorf nach Locarno - Zu finden auf: www.Bikeabenteuer.de

Zeitschrift "Bike", Ausgabe 10/92, "Fort Bildung, Militärstraßen über dem Lac du Mont Cenis". Nähere Info unter www.Bike-Magazin.de

Zeitschrift "Bike", Ausgabe 1-2/93, "Kanonenfutter; Chaberton-Die höchste Militärstraße in den Alpen". Nähere Info unter www.Bike-Magazin.de


Technische Daten

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Die Technischen Daten habe ich - wegen der Übersichtlichkeit - in ein anderes Dokument ausgelagert. Hier findet ihr alles zur Streckenführung und den Übernachtungsmöglichkeiten.


Übersichtskarte

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Diese Übersichtskarte gibt einen groben Überblick über die Gegend in der unsere Tour verläuft. Details kann man auf dieser Übersicht allerdings nicht erkennen. Hierfür sei auf die angegebenen Detailkarten verwiesen.


Bilder der Tour

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Die Bilder zur Tour habe ich - wegen der Dateigröße - in ein anderes Dokument ausgelagert. Hier findet ihr ein paar optische Highlights der Tour. Leider muß ich mich natürlich auf ein paar Bilder beschränken. (Ich habe weder ISDN noch DSL!) Ich hoffe, es kommt trotzdem was rüber.


Stand: 9.05.2009
© by E.Heinrich