Mountainbike Rennrad |
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Ronda Grande- Fünf Tage durch die Highlights der Dolomiten -von Eckart HeinrichInhalt:
Was tun? Die Wetteraussichten sind schlecht. Seit Wochen regnet es. Es ist der Abend des 14. September 1998. Morgen wollen Adi und ich unsere zweite Alpenüberquerung starten. Nach "Oberstdorf - Lago di Garda", soll es in diesem Jahr von Oberstdorf zum Lago Maggiore gehen. Alle Vorbereitungen sind getroffen. Der Rucksack ist gepackt, die Bikes überprüft, die Rückfahrt organisiert und beide sind wir hochmotiviert. Die höchsten Pässe, die wir fahren wollen, liegen bei 2700m und die Schneefallgrenze liegt im Moment bei 1400m. Das paßt irgendwie nicht zusammen. Wenn man im Laufe einer Tour mit umschlagenden Wetter konfrontiert wird ist das eine Sache. Wenn man aber im Vorfeld schon weiß, daß es schlecht ist, kann man doch nicht einfach so ins Chaos fahren!? Was soll werden? Wir müssen uns jetzt entscheiden. Adi und ich, wir sind uns einig. Das Unternehmen "Alpencross" ist unter diesen Umständen zu gefährlich. Wir blasen es ab. Aber was soll die Alternative sein? Die ganzen Vorbereitungen sollen ja nicht für die Katz gewesen sein. Nachdem dies unsere vierte gemeinsame Wochentour werden sollte und wir immer Glück mit dem Wetter hatten, sind wir nicht einmal auf die Idee gekommen, daß wir uns in diesem Jahr um eine Alternative bemühen müssen. Der Urlaub ist eingereicht, alles steht bereit. Wir brauchen eine neue Tour und wir brauchen eine Gegend mit besserem Wetter. Bei meiner Recherche per Internet werde ich in
Nord-Ost-Italien fündig. Dort ist es im Moment schön und die
Aussichten sind auch für die nächste Woche gut.
Nord-Ost-Italien? Was liegt den da? Die Dolomiten! Gut, wir brauchen noch die entsprechenden
Karten, müssen die Tour aufbereiten und Lire organisieren. An
einem Tag sollten diese Dinge zu erledigen sein. Also wollen wir
übermorgen, daß ist dann Mittwoch, starten. Wir starten am Mittwoch in der Früh, so um
fünf Uhr und fahren über Fernpaß und Brenner nach Lajen.
(1112m) Dies liegt in der Nähe von Klausen im Grödnertal. Wir
haben die Räder bei ungefähr 5 Grad Celsius und nennenswertem
Niederschlag auf dem Auto montiert. Es regnet noch bis Innsbruck.
Dann wird es besser. Es gab in den letzten Tagen immer wieder
Diskussionen über den optimalen Inhalt des Rucksackes. Er soll
ja nicht zu schwer sein. Es soll aber auch nicht vorkommen, daß
wichtige Ausrüstungsgegenstände fehlen. Bei vielen Teilen
entschied dann die Waage und die Erfahrungen aus den letzten
Touren. Es geht los. Ihr Dolomiten wir kommen!
Zunächst geht es von Lajen (1112m) die Straße
hinunter, nach St. Ulrich (1236m). Dann wird es ernst. Der erste
Anstieg. Es geht eine Schotterpiste hoch Richtung Seiser Alm. Den
Namen habe ich nun schon so oft gehört. Ich war aber noch nie
dort. Nach anderthalb Stunden sind wir am Rifugio Piz. Ein Bär von einem Schäferhund langweilt sich und legt mir ständig einen Stein vor die Füße, den ich dann wieder wegkicken muß. Mit wachsender Freude springt er dem Stein nach und wieder liegt er vor meinen Füßen. Schließlich wird mir das Spiel zu blöd, außerdem habe ich Hunger. So gibt es Brotzeit und der Hund muß mit sich selber spielen. Weiter geht es über das Seiser Alm Plateau. Es sind auch einige Wanderer unterwegs. Um diese Zeit, außerhalb der Ferien, sind es hauptsächlich ältere Leute. Die Wege sind aber breit genug und so kommt es kaum zu Reibungspunkten. Die eine oder andere Diskussion über das für und wieder einer Klingel kommt auf. (Die einen haben einen Kommentar auf den Lippen, wenn man klingelt, die andern wieder, wenn man nicht klingelt.) Aber das sind Dinge die uns bei dieser Landschaft und dem Wetter einfach nicht stören können. Gegen Mittag kommen wir an die Malknecht
Schwaige (2053m). Jetzt muß es dann bald zu unserem zweiten
großen Aufstieg kommen. Auf die Tierser Hütte (2441m) soll es
gehen. Auf der Hütte kehren wir ein. Adi zieht sich
eine Portion Pasta rein. Ich mümmel an meinem Vinschgauer. Den
habe ich von daheim mitgenommen. Der muß ja auch weg. Zum
Abschluß gibt es den ersten Cappuccino. So gut wie der schmeckt,
muß dies hier Italien sein. Im Schnee biken ist so eine Sache. Mit steuern ist nichts los und wenn es links vom Weg steil abfällt und rechts steil bergauf geht, ist der Mut doch begrenzt. (Gott sei Dank!?) So kommt es, daß wir an den Stellen, wo Schnee liegt lieber schieben und nur da fahren, wo der Schnee weggetaut ist. Bald ist es dann eh rumm mit schieben und fahren. Es geht in steilen Felsserpentiemen hinauf. Also ist tragen angesagt. Nach circa anderthalb Stunden sehen wir die
Schlernhäuser in der Ferne. Die Wanderer, die uns entgegen
kommen berichten von regelrechten Schlammschlachten. Manche sehen
auch recht versaut aus. Aber wir lassen uns nicht beirren und
fahren unseren Weg. Die Berge um uns herum sind ein Erlebnis für
sich. Man muß immer wieder stehen bleiben und staunen. Eine
Traumkulisse. Hier oben pfeift uns ein kräftiger und kalter Wind entgegen. So halten wir uns nicht lange auf und machen uns an die Abfahrt. Erst geht es über einen Wiesenweg. Es sind immer wieder große Schneefelder in der Wiese. Ich fahre solange mittendurch, bis ich schließlich auf der Nase liege. Quer zum Hang im Schnee auf einem Grashang bremsen ist halt doch nicht so schlau. Also umfahre ich die Schneefelder lieber. Is' auch schön das. Nach einigen Stücken, die wir tragend und schiebend meistern müssen, beginnt ein Wanderweg, der gut fahrbar ist. Hohe Stufen wechseln mit sanften Kehren. Richtig nett. Schließlich kommen wir zu einer kleinen Hütte (Sesselschwaige (1940m)) und setzen uns auf einer Bank in die Sonne. Ein toller Platz. Wäre schön, wenn der Weg so weitergeht. Wir haben immerhin noch 900 negative Höhenmeter vor uns. Erst später werden wir wissen, daß wir diese kurze Rast gut brauchen konnten, denn was kam war wirklich der Hammer. Der Knüppelsteig! Bei dem Namen hatten wir uns eigentlich nichts gedacht. Aber der hat es wirklich in sich. In einem Tobel haben irgendwelche Verrückten einen Holzsteig installiert, der breit ist wie ein Feldweg und mit Kanthölzern "gepflastert" ist. Man muß sich das vorstellen. Unter einem rauscht der Tobel und man holpert über dieses Waschbrett hinab. Ich muß bald anhalten, weil ich vor lachen nicht mehr radeln kann. So etwas hat doch die Welt noch nicht gesehen. Zwischen den "Brücken" sind dann, zur Auflockerung, extrem steil angelegte Felsbrockenpisten, die man zum Teil nicht fahren kann, weil man sich leicht vorstellen kann, wieviel Haut da auf den Knochen bleibt, wenn es einen hier zerlegt. Aber dann kommt wieder so ein Knüppelbrückentobelteil und man kommt schon wieder aus dem lachen nicht mehr heraus. Schließlich endet diese Prüfung von Mensch und Material, wir biegen in einen Waldweg ab und ein super Waldtrail beginnt. Leicht wellig geht es bald bergab, bald bergauf durch den Wald. Bis auf wenige Stellen ist alles fahrbar und es kommt wieder richtig Freude auf. Später wird der Weg zur Piste und wir rollen nach Tiers. Bei der Quartiersuche haben wir dann leider im empfohlenen Gasthof "Violet" kein Glück, so auch in der "Krone". Wir werden erst in Gasthof "Rose" fündig. Ein nettes Zimmer mit anständigem Essen und netten Gästen. Bei einem Liter Roten wird die Tour noch einmal durchgefahren. Der Knüppelsteig ist natürlich das Hauptthema. War schon verrückt. Was uns immer wieder begeistert hat, ist das Dolomitenpanorama. Wir sind uns einig, daß diese erste Etappe durchaus auf dem Niveau einer Alpenüberquerungsetappe lag. Wir haben immerhin 2 1/2 Stunden geschoben und getragen und waren bis in Höhen über 2400m unterwegs. Wir sind gespannt wie es morgen weitergeht.
Es ist neun Uhr. Nach einem guten und
ausgiebigen Frühstück machen wir uns an die zweite Etappe.
Leider habe ich nicht besonders gut geschlafen. Entweder ich habe
die Erlebnisse des Tages noch verarbeiten müssen oder ich war
einfach noch nicht ausgelastet!? Zunächst geht es auf den Nigerpaß (1688m). Dieser Straßenpaß hat eine gemütliche Steigung und ist gerade recht, um sich in der Früh warm zu radeln. Nach dem Nigerpaß erreichen wir gegen Mittag den Karerpaß (1745m). Hier kann man tolle Blicke auf die Latemar-Gruppe und den Rosengarten werfen. Vom Karerpaß geht es auf einer Piste nach Moena (1184m). Teilweise Forstweg, teilweise Waldweg, immer aber ein super Bikeweg. Es geht 600 Höhenmeter hinab. In Moena ist Markt. Überall stehen die Händler mit ihren Ständen und bieten alles an was niemand brauchen kann. Nachdem wir dem bunten Treiben eine Zeitlang zugesehen haben, fahren wir weiter nach Pozza di Fassa (1382m). Der Weg dorthin führt immer an der Avisio entlang. Teilweise hat sich die Gemeinde den Frevel erlaubt und diesen netten Weg frisch geteert. Als wir in Pozza di Fassa ankommen, plagt uns der Hunger. Wir kehren ein und genehmigen uns eine Portion Spaghetti. Das ist doch die beste Medizin. Auf der Karte kommt mir der Weg, den wir für heute noch vor uns haben schon noch recht lang vor. Aber was solls? Frisch gestärkt fahren ins Val di San Nicolo. Immer wieder fahren Autos an uns vorbei. Das wundert uns schon, denn dies ist eine Sackgasse und wir können uns nicht erklären, was die Leute da suchen. Es ist wohl einfach die Ruhe. Immer wieder sieht man in einem Waldweg ein Auto stehen und Leute veranstalten ein Picknick. Mit jedem Meter, den wir hier bergan fahren schwindet irgendwie meine Motivation. Das endet schließlich in einer offenen Meuterei. Körperlich habe ich eigentlich kein Problem, ich kann mich aber nicht recht zum weiterfahren motivieren. In dieser Form habe ich das noch nie erlebt. Gott sei Dank, läßt sich Adi von dieser Stimmung nicht anstecken und bringt mich schließlich dazu weiterzufahren. Als wir dann auf einem Wanderweg dem Passo Nicolo entgegen fahren ist das Motivationsproblem schon fast wieder vergessen. Ich bin sogar wieder hochmotiviert, als der Weg zum fahren zu steil wird und wir eine gute Stunde die Räder tragen müssen. Da haut es die miese Laune mitsamt sämtlicher Flüssigkeit aus den Körper. Schließlich stehen wir am Rifugio St. Nicolo (2338m). Noch vor zwei Stunden hätte ich nicht gewettet, daß ich heute hier hoch komme. Aber jetzt bin ich wieder schwer in Stimmung. Besonders als klar wird, daß der Weg zum Rifugio Contrin ein schöner Singletrail ist. Teilweise (Insgesamt circa eine halbe Stunde) müssen wir zwar tragen beziehungsweise schieben, aber sonst ist der Weg richtig mit Spaß fahrbar. Um sechs Uhr kommen wir am Rifugio Contrin an. Wir überlegen noch, ob wir hier Übernachten sollen. Die Tourenbeschreibung schlägt uns dies vor. Aber zum einen wollen wir die 2600 Höhenmeter Etappe von morgen ein wenig kappen und zum anderen sind wir, bei diesen Nachttemperaturen, nicht so die Hüttenübernachter. Wir sind uns also einig, wir fahren noch weiter hinab nach Canazei (1468m). Die Piste vom Rifugio nach Canazei hat es dann ganz schön in sich. Steil und teilweise mit recht tiefem Schotterbett schraubt sie sich ins Tal. Bergab läßt uns ein Jeep passieren und ein anderer, der uns entgegen kommt, muß in einer extrem steilen Kurve anhalten. Uns ist völlig klar, daß der an dieser Stelle niemals wieder zum anfahren kommt. Aber, zu unserer Verwunderung, hat er nicht das kleinste Problem seien Fahrt fortzusetzen. Respekt. Schließlich ist der Höllenritt vorbei. War
ne super Abfahrt. Wir rollen die letzten Höhenmeter hinab
nach Canazei. Von meinem letzten Ausflug in die Dolimiten kenne
ich noch ein nettes Hotel, indem wir auch gleich ein Zimmer
bekommen. (Ich habe mich scheinbar gut aufgeführt!)
Heute Früh haben wir uns mal ein wenig Zeit für unsere Räder genommen. Nachdem wir sehr gut gefrühstückt haben und alle unsere Sachen wieder im Säckchen verstaut sind machen wir "Technischen Dienst". Das ein oder andere ist einzustellen und zu überprüfen. Bis jetzt haben wir ja noch keinen Defekt zu beklagen. Nicht mal der Knüppelsteig hat uns einen Plattfuß beschert. Wir klopfen auf unsere Holzköpfe, daß dies so weiter geht. Um 0915 Uhr geht es dann wieder auf die Piste.
Heute Vormittag steht der "Bindelweg" auf dem
Pro-gramm. Zuerst geht es aber das Pordoj-Joch (2242m) hinauf.
Unterwegs schwärmen wir noch vom Essen, am gestrigen Abend. Die
haben es wirklich gut mit uns gemeint. Entweder wir haben so
verhungert ausgesehen, oder die wissen einfach, daß Radler die
doppelte Portion Pasta brauchen, um glücklich zu sein. Unser Weg führt uns, nach ausgiebiger
Fotosession, weiter Richtung "Bindelweg" und Rifugi
Porta Vescovo. (2565m). Der Weg selber ist, bis auf kurze Ausnahmen, fahrbar. Ein paar Wanderer weniger hätten es aber auch getan. Aber es ist ein bekannter Weg und, was in den Dolomiten oft ein Problem ist, er ist mit mehreren Seilbahnen zu erreichen. So kann man auf einfache Weise große Rundwanderungen unternehmen, ohne großen Auf- oder Abstieg ins Tal. Der ständige Blick auf den Marmoladagletscher entschädigt uns aber für die matschigen Wanderer. Am Ende des "Bindelweges" kommt noch mal ein Stück tragen auf uns zu. Wir müssen auf den Sattel zur Porta Vescovo (2565m). Hier verabschieden wir uns vom Marmoladablick. Aber es ergeben sich sicher neue und schöne Ausblicke. Adi kämpft mit den Matschmassen, die sich an seinen Bremsen festgesetzt haben. Hier scheinen meine einfachen Cantileverbremsen weniger anfällig zu sein. Die V-Brakes liegen enger an der Felge und so bleibt mehr hängen. Adi ist jedenfalls schwer bemüht seine Bremsanlage wieder gangbar zu machen. Es pfeift ein recht frischer Wind. Kurzzeitig fliegen auch dunkle Wolken vorbei. Wir wollen hoffen, daß das Wetter hält. Nach der ausgiebigen Reinigungsaktion packen wir uns dick ein und machen uns an die Abfahrt Richtung Vallazza (1400m). Eine grobe Piste führt uns einen weiten Teil des Weges hinunter. Später wird die Piste dann zum Wanderweg. Auf einem Aussichtspunkt sehen wir unter uns eine Gruppe Biker, die nach dem Weg suchen. Von hier oben schaut es recht eindeutig aus. Eine Weile schauen wir dem Treiben zu. Schließlich fahren wir auch weiter und sind verwundert warum ihnen an dieser Stelle Zweifel kamen. Aber das war eh eine komische Truppe. Wir haben sie schon am "Bindelweg" getroffen. Aber ein Gespräch kam nicht zustande. Am Ende wird der Wanderweg wieder zu einer Piste. Aber nicht ohne vorher noch kräftig zur Sache zu gehen. Die Trails hier sind wirklich immer von der härteren Sorte. Immer am Limit schreddern wir zu Tal. Auch hier müssen wir das eine oder andere Stück schieben. Auf einer Piste geht es weiter, bis wir am Ex Forte Ruaz (1300m) einkehren. Hier hat man das Forte zu einem Gasthaus mit Bar umgebaut. Wir sitzen auf einer schönen Sonnenterrasse und schlürfen einen Cappuccino. Die Wolken, die uns noch am Mittag beunruhigten sind verschwunden. Inzwischen sind wir beide sicher, daß das Wetter auch bei dieser Tour wieder mitspielt. Nach dieser Stärkung geht es weiter Richtung
Passo Incisa (1900m). Zuerst geht es ein kurzes Stück auf der
Hauptstraße, dann biegen wir in eine kleine Nebenstraße ab.
Bald wird die Straße zur Piste und was für eine Schöne. Der
Anstieg ist gerade recht und die Gegend wirklich schön. Wir
kurbeln uns auf eine Hochebene, die wir dann vom Passo Incisa
voll überblicken können. Hier könnte man gleich mehrere Filme
voll knipsen. Wir wollen noch ins Tal. Der Hüttenwirt gibt
uns noch einen Tip für den besten Weg und ab gehts. Ein
netter Wiesentrail bringt uns in hinab. Zwischendurch wird der
Wiesentrail zwar zum Moortrail, aber wir finden einigermaßen
trocken zur weiterführenden Piste. Die bringt und dann bis St.
Kassian (1600m).
Um Schlag neun Uhr geht es wieder auf die
Piste. Das Zimmer und das Essen waren super. Ich bin echt
überrascht, daß man als Rucksacktourist auch in nobleren
Häusern keine Probleme hat. Wir kommen am Abend sicher eher
abgekämpft und verwegen daher aber es hat uns nie jemand schräg
angesehen. Spricht für die Leute hier. Unser Warmfahrziel heute heißt Falzaregopaß
(2105m) mit Zwischenziel Valparolapaß (2192m). Diesen erreichen
wir nach circa einer Stunde. Von hier haben wir wieder tolle
Blicke auf den Marmoladagletscher. Diesmal aus einem anderen
Blickwinkel. Auch sehr schön sind die Aussichten zurück ins Tal
Richtung St. Kassian. Als wir die Abzweigung erreichen, sind wir
erleichtert, daß nur vier Autos dort stehen. Mit den großen
Wanderermassen brauchen wir also nicht zu rechnen. Die Sonne
brennt inzwischen runter und so strampeln wir in kurzer Hose und
kurzen Trikot dem alten Militärpaß entgegen. Wie wir es von
diesen alten Militärpässen gewohnt sind, werden die Höhenmeter
sanft erklommen. Bald schon kommen wir wieder ins Schwärmen. Der
Ausblick wird von Kehre zu Kehre schöner und die Paßhöhe am
Col de Bos (2330m) kommt unbemerkt immer näher. Ein kurzer
Felstunnel ist eines der Fotohöhepunkte. Wobei die ganze Strecke
ein einziger Höhepunkt ist. Der Herbst färbt die Blätter schon
langsam gelblich und wenn sich diese schönen Farben noch vor
blauem Himmel abheben, ist das noch einmal so schön. Nun endet der fahrbare Teil der Piste. Man sieht den weiteren Verlauf, aber durch Felsstürze und andere Einflüsse ist die Piste nicht mehr fahrbar. So schieben und tragen wir kurze Zeit. Dann machen wir noch einen kurzen Ausflug Richtung Klettersteig. (Ich hätte doch besser in die Karte sehen sollen!) Aber dann kommen wir doch noch auf der Paßhöhe an und genießen die tolle Aussicht. Vor uns liegt das endlose wirkende Travenanzestal. Eine Sechsergruppe Biker mischt sich unter uns. Wieder solche, mit denen kein Gespräch zustande kommt. Was sind denn Mountainbiker für komische Typen? Egal, das Travenanzestal ruft. Fahrbare Abschnitte wechseln mit unfahrbaren.
Teilweise ist es tiefer grober Schotter, teilweise hat man wieder
festen Boden unter den Rädern. So ist diesen Tal für uns ein
Wechselbad der Gefühle. Die Sechsergruppe ist irgendwann im
Dickicht des Tales verschwunden, wir vermissen sie nicht. Wir
kämpfen uns durch ein dichtes Latschenfeld und kommen an des
Bett des Rio Travenanzes. Der Weg verläuft teilweise in diesem
Bett. Entsprechen ist er beschaffen. Mal feiner Schotter mal
Kinderkopf großer Schotter. Wir fräsen uns durch. Es ist
mühsam, die Sonne brennt und das Tal ist schier endlos. Immer wenn wir wieder denken, der Weg wird
besser, kommt wieder ein Tragestück. So wechseln Segen und
Fluch. Schließlich spuckt uns der Trail auf eine Piste, nicht
ohne am Ende noch mal richtig steil zu werden. Auf einer Brücke
lassen wir alles fallen und legen uns in die Sonne. Wir haben es
geschafft. Es war hart aber schön. Alles in allem denke ich,
haben wir die Hälfte geschoben und sind die Hälfte gefahren.
Was einen hier auch schafft ist, daß man, wenn man fahren kann,
immer am Limit fährt und sich voll konzentrieren muß. Wenn man
sich nicht mehr konzentriert, liegt man auf der Nase. Das zehrt
an den Kräften. Wir gönnen uns eine kurze Erholung. Tief unter
unserer Brücke rauscht der Rio Travenanzes und die Sonne brennt
uns auf den Pelz. Schön. Wir aber sind nun unterwegs Richtung Norden, Richtung Senneshütte (2122m). An der Alpe Ra Stua (1668m) kehren wir ein und genießen unseren täglichen Cappuccino in der Sonne. Von hier geht es dann auf einer netten Piste weiter. Langsam steigt sie an, bis sie dann immer steiler wird. Schließlich ist unser Limit erreicht und wir schieben. Mir weniger Gepäck und weniger Höhenmetern in den Knochen ist die Piste aber sicher fahrbar. Schließlich kommen wir zur Senneshütte
(2122m). Hier wäre, nach der Beschreibung, eine Übernachtung
vorgesehen. Wieder entscheiden wir uns, ins Tal abzufahren. Nicht
zuletzt auch, weil die Biker, die wir schon am
"Bindelweg" getroffen hatten scheinbar hier
übernachten. Und mit denen kam ja damals schon kein
vernünftiges Gespräch zustande. Also genießen wir noch kurz
die schöne Aussicht und packen uns für die Abfahrt ein. Erst
geht es auf guter Piste genußvoll bergab. Ab dem Rifugio Fodara
Velda (1972m), nachdem es wieder kurz bergauf geht, wird es aber
immer steiler und wir fahren mal wieder am Limit. Aber es ist
echt stark. Zur Krönung wird die Schotterpiste schließlich zu
einer Betonpiste mit leichtem Schotterbelag. Das Gefälle liegt
kurz vor Senkrecht und die Bremsen glühen. Ich hatte mir
vorgenommen, daß ich meine hinteren Bremsen heute etwas schone,
weil ich gesehen habe, daß die Beläge langsam dem Ende zugehen.
War wohl nichts! Wir erreichen wir Pederu (1540m), daß Ende der
Betonpiste. Ging schon zur Sache das! Die Straße nach St. Vigil ist wie für Radfahrer gemacht. Immer leicht abfallend führt sie das Tal hinab. Man bräuchte eigentlich nicht in die Pedale treten. Aber dann kämen wir ja aus der Übung. Rechts und links sind immer wieder Spuren von gewaltigen Murenabgängen zu sehen. Es würde uns sicher nicht sehr gefallen, hier bei starkem Regen zu fahren. An einer Stelle ist deutlich zu sehen, daß die Straße auf weiten Teilen verschüttet war. Teilweise schaut es richtig skurril aus, wie die Bäume im tiefen Schotter wachsen. Schließlich erreichen wir, nach müheloser Fahrt (Ich glaube, daß ist das erste mal, daß ich dieses Wort im Zusammenhang mit dieser Tour verwende!?) St. Vigil und begeben uns auf Herbergssuche. Beim ersten Hotel haben wir schon mal Pech. (Es würde noch eine Stunde dauern, bis wir unser Zimmer beziehen können und es ist schon 1800 Uhr. Also weiter suchen. Schließlich finden wir ein Hotel, daß einen ansprechenden Eindruck macht. Es steht aber ein Reisebus vor der Tür. Es läuten also alle Alarmglocken. Aber im weiteren Umkreis finden wir nichts anderes und so gehen wir das Risiko ein. Wir checken ein und erst denken wir uns auch gar nichts böses. Das Zimmer ist gut und erst als wir in den Speisesaal kommen wird uns der Ernst der Lage klar. Dort hockt "die" Passauer Reisegesellschaft und lärmt was das Zeug hält. Da sitzen wir also. Inmitten lärmender Kaffeefahrer aller Altersklassen und knabbern unseren Salat. Hätten wir doch auf der Senneshütte bleiben sollen?. Hätten wir doch noch ein anderes Gasthaus suchen sollen? Jetzt ist es zu Spät. Wir sitzen schon am Tisch. Anfängerfehler! Nie in ein Hotel mit Reisebus vor der Tür. Wir haben keine Ausrede. Sie hatten den Bus ja nicht einmal versteckt. Nein, er stand sichtbar vor der Tür. Nach lauwarmem Essen haben wir uns dann in die Bar verkrochen, denn zu allem Überfluß hat dann noch eine Kapelle ihre Foltergeräte installiert. Gerade rechtzeitig können wir noch flüchten. In der Bar können wir dann, einigermaßen abgeschirmt vom "munteren Treiben", bei einer Flasche Rotwein, unseren nächsten Tag planen.
So, der letzte Tag unseres Abenteuers bricht an. Früher als die Tage vorher sitzen wir beim Frühstück und schlürfen unseren Cafe Late. Wir hoffen durch diesen Trick den Kaffeefahrern zu entgehen. Leider sind es keine Langschläfer, aber sie verhalten sich relativ ruhig. So kommt es, daß wir an diesem Morgen schon um kurz nach halb neun auf dem Rad sitzen und Richtung Zwischenwasser (1200m) kurbeln. Es ist saukalt und wir sind, wie jeden Morgen, dick eingepackt. In Zwischenwasser sehen wir dann zwei nette Gasthäuser. Wenn wir das gewußt hätten, wären wir sicher gestern noch bis hierher weitergefahren. Nun ja, nachher weiß man es immer besser. Von Zwischenwasser geht es weiter Richtung St. Martin (1127m). In St. Martin ist gerade die Kirche zu Ende und ganze Massen strömen heraus. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Was auch in Ordnung ist, ist das Wetter. Hier können wir nämlich auf kurz umstellen, die Sonne lacht uns entgegen. Wie biegen ab, in ein kleines verschlafenes
Tal. Unsere Richtung ist Campil (1398m). Am späten Vormittag
kommen wir dort an. Ein netter Ort. Wir setzten uns auf eine Bank
in der Sonne uns lassen die Seele ein wenig baumeln. Uns
gegenüber ist die Kirche, irgendwo fließt ein Fluß. Man hört
ihn leise rauschen. Ein richtiges Kontrastprogramm zum gestrigen
Abend im Hotel. Weiter gehts und wir kommen zu den Pleitlerwiesen. Eine eigentümliche Gegend. Aber mit einem besonderen Reiz. Es ist nicht einfach zu beschreiben. Es ist wie eine weite Weidelandschaft, umrahmt vom eindrucksvollen Dolomitenpanorama. Überall verstreut stehen kleine und große Tennen aus schwarzem, verwittertem Holz. Ich hoffe, daß kommt auf den Dias auch so rüber. Am Ende der "Wiesen" ist dann auch die Piste zu Ende und ein Wanderweg führt weiter. Für uns heißt es tragen. Das bleibt so bis zum Keuzberg(-Sattel). (2300m). Langsam fehlen uns die Böcke! Heute scheint Adi seine Tiefpunkt zu haben. Wir haben gedacht, daß man vom Kreuzberg die Schlüterhütte (2297m) sehen kann. Leider ist das nicht so. Wir müssen erst noch ein wenig durch ungewisses Gelände, bevor wir dann die Hütte doch noch entdecken. Von der anderen Seite führt eine Piste zur Schlüterhütte. Das merkt man auch am Trubel, der hier herrscht. Irgendwie lockt so eine Piste doch auch eine Menge Wanderer an. Nett ist es trotzdem. Hier ist mal wieder eine Portion Pasta und ein Cappuccino fällig. Das können wir jetzt beide gut gebrauchen. Heute läuft uns die Zeit etwas davon. Wir wollen heute nicht zu spät zum Auto kommen, damit wir noch zu einer christlichen Zeit daheim ankommen. Jetzt ist es schon nach zwei und wir haben noch ein gutes Stück Weg (und einige Höhenmeter) vor uns. So beschließen wir die Restetappe ein wenig zu modifizieren. Da auf der Originalroute noch viele Wanderwege auf uns warten (mit all ihren Vor- und Nachteilen) wählen wir eine Route mit mehr offensichtlich fahrbaren Strecken. Wir werden sehen, ob das auch so ist. Erst einmal geht es, noch auf der Originalroute, auf einer wilden Piste heftig bergab. Wir semmeln an der Zanser Alm (1685m) vorbei, über St. Johann (1352m) und Pitzak (1154m) nach Mittermühl (800m). Von hier führt dann ein versteckter Schmuggelpfad zum Gnollhof (1150m). Hier geht es noch einmal richtig zur Sache. So circa eine Stunde haben wir die Bikes getragen, als bis wir glücklich am Gnollhof angekommen sind. Von hier aus geht es dann eben bis Lajen. Wir genießen die letzten Kilometer. Mal wieder geht eine Tour zu Ende. Viele tolle Erlebnisse, neue Eindrücke, super Ausblicke, hammerharte Wahnsinnsdownhills, traumhafte Täler und Landschaften liegen hinter uns. Mit all dieser Sinnerei vergehen die letzten Kilometer, bis zum Auto wie im Flug. Es ist vollbracht. Wir zivilisieren uns wieder mit Jeans uns T-Shirt. Nach Abschlußfoto und Radelmontage treten wir die Heimreise an. Ein bißchen Wehmütig ist uns dabei schon zumute. Aber die nächste Tour kommt bestimmt!
Die Unterschiede unserer Tour zu der Tour, die in der Mountain Bike 1/97 als "Ronda Grande" beschrieben ist:
Wir sind die Tour vom 16. September 1998 bis 20. September 1998 gefahren. Der frühe Herbst ist eine gute Reisezeit (Bikezeit) in dieser Gegend. Diese Zeit bringt zwar keine Hitzerekorde mehr aber die wollen wir als Biker ja sowieso nicht. Es herrscht aber klares und beständiges Wetter. Je nach Jahr kann es aber im September schon Schnee geben Aus diesem Grund muß die Ausrüstung auf jeden Fall auf Schnee und Kälte abgestimmt sein. Die Hauptferienzeit ist für Biker keine schöne Zeit in den Dolomiten. Dadurch, daß dieses Gebirge extrem gut erschlossen ist, tummeln sich dort abertausende Wanderer und Konflikte sind vorprogrammiert.
Kompass 54, "Bozen", 1:50000
[ 1 ] Bikereise 1 von Eckart Heinrich; "Drei Zinnen Runde" - Ein Greenhorn wird zum Mountainbiker - Zu finden auf: www.Bikeabenteuer.de
Die Technischen Daten habe ich - wegen der Übersichtlichkeit - in ein anderes Dokument ausgelagert. Hier findet ihr alles zur Streckenführung und den Übernachtungsmöglichkeiten.
Diese Übersichtskarte gibt einen groben Überblick über die Gegend in der unsere Tour verläuft. Details kann man auf dieser Übersicht allerdings nicht erkennen. Hierfür sei auf die angegebenen Detailkarten verwiesen.
Die Bilder zur Tour habe ich - wegen der Dateigröße - in ein anderes Dokument ausgelagert. Hier findet ihr ein paar optische Highlights der Tour. Leider muß ich mich natürlich auf ein paar Bilder beschränken. (Ich habe weder ISDN noch DSL!) Ich hoffe, es kommt trotzdem was rüber. |
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Stand: 9.05.2009
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